KEIN WEG IST LANG, MIT EINEM FREUND AN DER SEITE.

Stille.. Ruhe.. Leere.. und doch ist dies ein Zustand, den ich in diesem Moment genieße und schon einige Zeit vermisst habe. In der Hektik und dem Stress des alltäglichen Hamsterrads aus Arbeiten, Nahrungsaufnahme und Schlafentzug ist es manchmal schwer, das Gleichgewicht und die Ausgeglichenheit zu finden. Und so sitze ich nun im Flieger Richtung Fernziel unterwegs und merke, wie zunehmend die umtriebigen Gedanken von mir abfallen. Ich beobachte die Leute um mich, schaue in ihre Gesichter und sehe Geschichten vorbeiziehen. Wie ein morgendlicher Nebel ziehen sie an mir vorbei und nehmen meine grauen Wolken mit. Und wenn es sich verzieht, bin ich bereits gelandet, wo die Sonne scheint. Sind wir gelandet. Denn diesmal habe ich dich nicht vergessen. Diesmal habe ich dich bei mir. Du liegst mit deinem Kopf auf meiner Schulter und signalisierst mir, dass du da bist. Dein Bein wärmt mein Bein unter unserer Decke. Erschöpft von den Anstrengungen der letzten Monate träumst du mir leise was vor. Denke, ich werde dich mal suchen gehen. Vielleicht finden wir uns ja noch vor Vietnam in deinen Träumen wieder.. in der Stille und Ruhe und Leere dieses Momentes. Bevor wir dann am Boden in neue gemeinsame Abenteuer aufbrechen.

Und plötzlich, schneller als dieser Blogeintrag fertig geschrieben ist, stecken wir ohne Visa, ohne Geld, ohne Rücksäcke und beinahe ohne Weiterflug in Ho Chi Minh am Flughafen fest. Aber nochmal zurück auf Anfang und zurück an Board.

Guter Dinge, dass wir drei Stunden zum Umsteigen haben und dies bereits erfolgreich in Abu Dhabi in nur einer Stunde geschafft hatten, gehen wir von Board. Ein erster Gesundheitscheck auf gängige Krankheiten durch die örtlichen Mediziner geht problemlos vonstatten und man lässt uns passieren. Munter steuern wir auf den Ausgang zu, wo wir unser Einladungsschreiben und unseren Reisepass vorlegen. Leider werden wir bei unserem Versuch zurück und auf den Schalter für Visum verwiesen. Gemäß dem Auswärtigen Amt brauchen deutsche Urlauber in Vietnam für 15 Tage kein Visum. Es interessiert jedoch keinen vor Ort und beim genauen Nachrechnen fällt uns auf, dass wir 16 Tage im Land sein werden. Es gibt also keine Diskussion zu gewinnen. Uns wird jetzt bewusst, dass die Zeit knapper wird, als uns lieb ist. Am Schalter wird uns ein Formular für die Einreisevisa überreicht. Vorschriftsmäßig füllen wir jedes uns verständliche Feld aus und platzieren unser biometrischen Foto, während neben uns ein anderer Urlauber Pose steht für sein Foto, da er keines mit sich führt und es hier im Sicherheitsbereich keinen Automaten gibt. Auch gibt es hier keinen ATM, wo wir Dollar vom Konto abholen können um die Einreisevisa zu zahlen. Nun heißt es warten und dabei cool bleiben und relaxt aussehen.

Nach über einer halben Stunde und aufsteigender innerer Unruhe versuchen wir es mit unseren uns verbliebenen letzten Euro anstatt Dollar am Schalter. Ein Amerikaner, der versuchte mit den netten Kollegen vor Ort über die Konditionen zu diskutieren, wird prompt aus dem Sicherheitsbereich geleitet. Wir haben Glück. Legen alle unsere Scheine und Kleingeld auf den Tresen, wissend, dass es nicht ausreicht und können das Herz der Frau am Schalter erweichen und man lässt uns passieren zur nächsten Station unseres Hindernislaufes. Die Zeit dreht sich weiter, das Gepäckband jedoch steht still und kein Gepäck wartet auf uns. Die örtliche Polizei ist sehr freundlich und weist uns den Weg zum Lost&Found, wo unser Gepäck auf uns wartet. Hier benötigt man keinerlei Formular, also nehmen wir unsere Rücksäcke und fliehen dem Terminal in ein gefühlt noch größeres Labyrinth des Flughafengeländes, wo jeder Passant und Servicemitarbeiter anscheinend einen anderen und kürzeren Weg zu unserem Abflug-Terminal kennt. Dies mündet in eine Jagd gegen die Zeit nach dem richtigen Check-in Schalter, Treppe hoch, Treppe runter, Gebäude raus, Gebäude rein.. Es wird zunehmend wärmer und unsere T-Shirts nasser. Endlich erreichen wir das richtige Terminal und den richtigen Schalter. Der Sicherheitscheck verschafft uns nochmal eine kleine Atempause und ist dank günstiger Bedingungen schnell überwunden. Es bleibt noch Zeit um uns kurz zu erfrischen und unsere zu Feuchttüchern gewordenen T-Shirts gegen frische neue Kleidung zu tauschen. Ein lokaler Store half uns sehr gern bei der Auswahl und beim Sammeln erster Erfahrung mit der örtlichen Währung und dem derzeitigen Umrechnungskurs. Erschöpft von dieser kurzen mentalen und körperlichen Trainingseinheit lassen wir uns nun im letzten Flieger nieder. Dieser wird uns nach nun über 16 Stunden an unser erstes Ziel Hanoi bringen. Wir sind müde, aber mit einem Lächeln im Gesicht, voller Vorfreude auf die nächsten Tage.

5 comments

  1. tina says:

    Wow, habe gerade deinen Blogeintrag gelesen – wunderschön, berührend, liebevoll und nachvollziehbar geschrieben. Ich will mehr.

  2. andy says:

    Stille, um so älter ich werde um so schneller steigen mir die Tränen ins Gesicht. Was für ein erster Blogeintrag ……wie gehts weiter … es ist als wenn man gerade angefangen hat ein gutes Buch zu lesen.

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