LÄCHLE UND DIE WELT VERÄNDERT SICH
Meine letzten Stunden in Japan brechen an. Immer noch bin ich überwältig von der Freundlichkeit, Schönheit, Respekt und Höflichkeit in diesem Land – wahrlich dem Land des Lächelns. Ich denke zurück an all die besuchten Orte und schönen Erlebnisse und Begegnungen und auch dem kurzen Moment des Schreckens, als mich ein Erdbeben auf dem Tokio Tower überraschte.
Ich sitze in der Wartehallte zu meinem Flieger und mich überkommt ein Gefühl der Melancholie und bittersüßer Erkenntnis der Vergänglichkeit aller Dinge. Im Japanischen sagt man dazu auch Mono no aware. Es lehrt uns, den flüchtigen Moment zu genießen, da die in ihm erlebte Schönheit zu Ende gehen wird. Bestes Beispiel hierfür ist die Kirschblüte, welcher beim Hanami, dem Kirschblütenfest, in ganz Japan wertgeschätzt und gefeiert wird.
Und so schaue ich nochmal die Fotos meiner Reise an und durchlebe nochmal jedes Gefühl als besonderes Geschenk. Ich bin dankbar, dass ich diese Reise machen konnte und kehre wehmütig aber glücklich nach Hause. Im Gepäck ein breites Grinsen und die Gewissheit, dass das Reiseziel nie ein Ort war, sondern eine neue Art die Dinge zu betrachten.
JAPAN IMPRESSIONEN
KANNST DIE SCHÖNHEIT IM UNSICHTBAREN SEHEN
Überall wo ich hinkomme, habe ich das warme Gefühl willkommen zu sein. Überall wo ich verweile, fühle ich eine unsichtbare Verbindung. Überall wo meine Augen verweilen, entdecke ich Schönheit hinter den Dingen. Ich versuche es mit der Kamera einzufangen aber ich bekomme das Gefühl und die Verbindung nicht transportiert. Also schalte ich meine Kamera aus und nehme jedes Detail mit allen Sinnen in mich auf.
Ich glaube nun die Bedeutung des japanische Konzept von Yuugen zu verstehen, dass grob mit “Geheimnis” oder “Tiefe” übersetzt werden kann. Es ist ein Gefühl des Staunens oder der Ehrfurcht, dass man empfindet, wenn man auf etwas Tiefgründiges oder Tiefbewegendes trifft. Yuugen ist mit der Vorstellung verbunden, dass es in der Welt eine verborgene oder unsichtbare Dimension gibt, die sich unserem Alltagsverständnis entzieht, ein tieferes Gefühl der Verbundenheit und der Bedeutung, eine Form von spiritueller oder emotionaler Tiefe.
Und so reise ich weiter durch Japans wunderschöne Orte mit offenen Augen und Herzen und betrachte und fühle die Schönheit im Unsichtbaren.
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AUCH UMWEGE ERWEITERN UNSEREN HORIZONT
Mit einem Lächeln im Gesicht verlasse ich Kyoto im Schinkansen Richtung Tokio vorbei am Fujiyama, dem heiligen Vulkan Japans und wichtigen Wahrzeichen des Landes. In Kyoto erlebt man japanische Kultur und Tradition hautnah. Zahlreiche buddhistische Tempel, Gärten, Shintō Schreine und traditionelle Häuser zieren die Stadt. Und wenn man Glück hat, sieht man eine Geisha die Straßen zur nächsten Aufführung von traditionellen Tänzen oder auch Teezeremonie flitzen.
Die Tradition des Teeritual, welche dem Zen nah steht, wird Sadō (Weg des Tee’s) genannt und folgt einer strikten Abfolge. Hierbei kann man manchmal mit Gold geklebte Becher entdecken. Dies sind besondere Tasse, welche mit der Kintsugi Technik restauriert wurden. Kintsugi ist die Kunst des Reparierens von zerbrochenen Gegenständen mit Gold oder Silber. Es symbolisiert, dass der Bruch und die Reparatur zur Schönheit und Geschichte des Gegenstandes beitragen können. Dieses Konzept kann auch auf persönliches Wachstum angewendet werden, da es dazu ermutigt, Fehler und Rückschläge anzunehmen und daraus zu lernen.
Hierzu möchte ich gern auch eine meiner beliebtesten Zen Geschichten teilen: Ein Professor wanderte weit in die Berge, um einen berühmten Zen-Mönch zu besuchen. Als der Professor ihn gefunden hatte, stellte er sich höflich vor, nannte alle seine akademischen Titel und bat um Belehrung. ‘Möchten Sie Tee?’ fragte der Mönch. Ja, gern, sagte der Professor. Der alte Mönch schenkte Tee ein. Die Tasse war voll, aber der Mönch schenkte weiter ein, bis der Tee überfloß und über den Tisch auf den Boden tropfte. ‘Genug! rief der Professor’. Sehen Sie nicht, daß die Tasse schon voll ist? Es geht nichts mehr hinein. Der Mönch antwortete: Genau wie diese Tasse sind auch Sie voll von Ihrem Wissen und Ihren Vorurteilen. Um Neues zu lernen, müssen Sie erst Ihre Tasse leeren.
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ALLES WAS WIR SIND, IST DAS RESULTAT UNSERER GEDANKEN
Zwei Tage im Tempel in Kōya-san liegen hinter mir und doch kommt es mir länger vor. Hier inmitten anderer Pilgerer und Mönche habe ich auf Tatami Matten geschlafen, die vegetarische Mönchkost geteilt und rituale Waschung erleben dürfen. Bei den morgendlichen und abendlichen Meditationen gab es wertvolle Einblicke vom Mönch, wie man seine Sitz- und Atemtechnik (japanisch Zazen) meistern kann. Hierbei ging es nicht um Perfektion, sondern um die innere Arbeit. Die Hingabe, im Jetzt zu sein und sich mit der externen und internen Erfahrung zu vereinen.
Das japanische Konzept, das für die Beherrschung von Fähigkeiten und Techniken steht, nennt man Shu (Bewahren), Ha (Abweichung) und Ri (Transzendenz). Hierbei steht zu Beginn das Meisterns der Grundlagen im Vordergrund, bevor man zu fortgeschrittenen Techniken und Fähigkeiten übergeht um schließlich komplett über das gesamte Wissen hinaus zu gehen.
Ich verlasse den Tempel mit dem Gefühl, dass ich im buddhistischen Japan angekommen bin.